Welchen Einfluss hat die Covid-19-Pandemie Ihrer Meinung nach auf die Digitalisierung von Bildung und Wirtschaft in Deutschland? 

Es ist ein klassisches Beispiel dafür, welche Kräfte man mobilisieren kann, wenn man angehalten ist, zu handeln. Die Covid-19-Pandemie hat von jetzt auf gleich die Wirtschafts- und Bildungslandschaft vor die Aufgabe gestellt, essenzielle Prozesse und Modelle zu digitalisieren, um überhaupt noch Leistungen und Kommunikation anbieten zu können. Ein Jahr hat natürlich nicht ausgereicht, um den bestehenden Rückstand aufzuholen, aber es hat auf jeden Fall eine Vielzahl von Entscheidungsträger*innen wachgerüttelt. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Effekt nachhaltig ist, um tragfähige Lösungen für die Zukunft zu etablieren. Eins dürfte wohl klar sein: Durch die Corona-Pandemie haben wir sprunghaft die Infrastruktur der Digitalisierung um ein paar Jahre aufgeholt. Wirtschaft und Bildung würden daher gut daran tun, aus der Not soweit wie möglich eine Tugend zu machen und das Entwicklungstempo aufrechtzuerhalten.

 

Was hat die Dr. Hans Riegel-Stiftung 2020 beigetragen, um die Entwicklungen positiv zu beeinflussen? 

Auch unsere Stiftung hat die Covid-19-Pandemie natürlich vor große Herausforderungen gestellt: Unsere beiden größten Projekte, der TouchTomorrow-Truck und das MINT TANK-Netzwerk, waren vor Corona schwerpunktmäßig auf Präsenzveranstaltungen ausgerichtet. Wir haben die Zeit genutzt, um mit Hochdruck auch an rein digitalen Angeboten zu arbeiten. So konnten wir noch in 2020 die ersten TouchTomorrow-Streams anbieten, bei denen die MINT-Coaches interaktive Livestreams zum Thema Mobilität der Zukunft moderierten und auch so mit den Schülerinnen und Schülern in den Austausch treten konnten. Wertvolle Erfahrungen dafür haben wir im Projekt „MINT Livestream“ gesammelt, das wir unmittelbar nach Bekanntgabe des ersten Lockdowns zusammen mit dem Youtuber und Pädagogen Jacob Beautemps sowie der Uni Köln ins Leben gerufen haben. Auch im Forschungsbereich haben wir ein kurzfristiges Förderprogramm für Nachwuchswissenschaftler*innen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgestellt. Hier haben wir z. B. drei Nachwuchswissenschaftler*innen gefördert, die herausfinden wollten, welche Rolle die „Digital Fluency“, also die Einstellung und Fähigkeit in Bezug auf Digitales, von Gründer*innen und Geschäftsführer*innen bei der Anpassung von Geschäftsprozessen und Geschäftsmodellen hat. Wir konnten damit einige Impulse setzen.

 

Gab es 2020 Begegnungen mit Menschen, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Ich hoffe sehr, dass unsere Kinder bald wieder ohne Masken und Sicherheitsabstand miteinander reden, spielen und einfach unbeschwert Kind sein können. Es trifft mich jeden Tag aufs Neue, wenn ich die Kinder mit Schutzmasken und sichtlich eingeschüchtert von der ganzen Situation auf der Straße sehe. Diese „Begegnungen“ werde ich wohl so schnell nicht vergessen und sie haben mir bewiesen, wie wichtig und gleichzeitig nicht selbstverständlich die in diesen Tagen so oft ausgesprochene „Normalität“ ist.

© 2021. Dr. Hans Riegel Stiftung