Walls of Vision
2020
Essen
Bildende Kunst

Walls of Vision Essen

Für das Projekt in Essen wurden die beiden historischen Künstler Vincent van Gogh und Jean-François Millet ausgewählt, deren Werke „Der Sämann“ und „Frau mit Rechen“ vom renommierten Urban-Art-Duo „TELMO MIEL“ aus Rotterdam interpretiert wurden. 

Vicent van Gogh "Der Sämann"

In Abstimmung mit dem Fassadenkünstler Miel Krutzmann wurde van Goghs Werk „Der Sämann“ für die Interpretation auf einer Fassade der Schule am Steeler Tor ausgewählt. Die Schule führte anlässlich der Fassadengestaltung ebenfalls inhaltlich anknüpfende Kunstprojekte mit Schülerinnen und Schülern durch.

Bild: 'Der Sämann vor untergehender Sonne', Arles, November 1888; Öl auf Leinwand, 32 x 40 cm; Amsterdam, Rijksmuseum Vincent van Gogh, Vincent van Gogh Stiftung

Hintergrund zu Künstler und Kunstwerk

Bereits die Kindheit van Goghs ist geprägt von einem innigen Verhältnis zur Natur – sein Vater war Angehöriger der Groninger Schule, einer gemäßigten Richtung des Protestantismus, die eine undogmatische und individualistische Auslegung des Glaubens vertritt und Gottes Schöpfung der Natur großen Respekt entgegenbringt. Sein ganzes Leben unternimmt van Gogh lange Spaziergänge durch die Natur. Sein Bruder Theo sieht in der von der Kindheit andauernden großen Liebe zur Natur die Basis für van Goghs Kunstverständnis.

Mit seiner endgültigen Abwendung vom Leben in der Großstadt und seiner Bewunderung für die Natur und das einfache Leben der Landbevölkerung erweist sich Vincent van Gogh als Kind seiner Zeit. Er folgt damit aber nicht nur einer allgemeinen Strömung, die im 19. Jahrhundert immer mehr Menschen erfasst, sondern auch ganz unmittelbar seinem großen Vorbild Jean-François Millet. Millet inspirierte nicht nur van Goghs Kunst, sondern auch seine Ansichten in vielen Lebensbereichen. Das Musée d’Orsay in Paris widmete dieser besonderen Beziehung, die van Gogh zu seinem Idol entwickelte, im Herbst und Winter 1998/99 eine eigene Ausstellung. Millet erschuf auch das Motiv des „Sämanns“, das bei ihm zwar unvollendet blieb, jedoch von Vincent van Gogh aufgegriffen und zu einem seiner berühmtesten Werke wurde.

„Wenn man die Natur wahrhaft liebt, so findet man sie überall schön.“

- Vincent van Gogh

Impressionen aus der Entstehung des Kunstwerks

Bilder: Florian Yeh und Georg Barringhaus

Jean-François Millet "Frau mit Rechen"

In Abstimmung mit dem Fassadenkünstler Telmo Pieper wurde Millets Werk „Frau mit Rechen“ ausgewählt, dessen Original im Metropolitan Museum of Art in New York ausgestellt ist.

Bild: "Woman with a Rake", Jean-François Millet, 1856–57, Oil on canvas, 39.7 x 34.3 cm, The Metropolitan Museum of Art

Hintergrund zu Künstler und Kunstwerk

Jean-François Millet, Mitbegründer der Schule von Barbizon, ist ein herausragendes Beispiel für einen Pariser Maler, welcher der Großstadt Mitte des 19. Jahrhunderts den Rücken kehrt und sich nicht nur dem einfacheren Leben auf dem Land zuwendet, sondern ein intensives und gefühlsbetontes Verhältnis zur Natur entwickelt. Seine Gemälde sind von einem intimen und anthropomorphisierenden Blick auf seine Umwelt geprägt. Von Millet selbst gibt es mehrere Äußerungen, die den Schluss erlauben, dass er in der Natur immer wieder menschenähnliche Züge entdeckt. 

Er spricht von den Waldpflanzen wie von lebendigen und vor allem fühlenden Wesen. „Ces pauvres choses humiliées“ („Diese armen gedemütigten Dinge“) ist keine Phrase, es ist ein bewegter und bemitleidender Ausruf. Dieser ist in dieser Form nur möglich, wenn Millet der Natur – bewusst oder unbewusst sei dahingestellt – die Fähigkeit, Demütigung zu empfinden, und somit eine der des Menschen sehr ähnliche Gefühlswelt zuspricht. Diese Empathie für die Pflanzenwelt ist keine spontane Regung, sondern ein Charakterzug, der stets Millets Denken und Handeln bestimmt. Millets Verhältnis zur Natur ist geprägt von Respekt für alles Leben darin und einer engen Verbindung der Gefühlswelt des Malers mit der Landschaft.

Das Bild zeigt eine Frau, die mit einem Rechen mühsam übrig gebliebenes Stroh o. ä. zusammenzieht, um es aufzusammeln. Telmo Pieper nimmt in seinem Entwurf Bezug zur mühsamen Arbeit in der Natur und transferiert sie in die Gegenwart/Zukunft. Die mühsame Aufgabe liegt nun darin, den Müll bzw. die Verschmutzung zu beseitigen, die wir Menschen in der Natur hinterlassen. Telmo Pieper weist durch die Darstellung der Protagonistin klar daraufhin, dass es insbesondere die junge Generation ist, die sich dieser Aufgabe stellt. Wie bei Millet ist das Werk nicht mit erhobenem Zeigefinger zu verstehen, sondern als Wertschätzung und Respekt für die handelnde Person, die im Einklang mit und zum Wohle der Natur agiert. Auch in seiner Interpretation gibt es kein großartiges Naturphänomen o.ä. im Hintergrund, sondern eine einfache Landschaft. Dies soll unterstreichen, dass die Natur überall schützenswert ist.

Impressionen aus der Entstehung des Kunstwerks

Bilder: Florian Yeh und Georg Barringhaus

Workshop mit Schülerinnen und Schülern aus Essen

Inspiriert von den Fassadenkunstwerken der Profi-Künstler TELMO und MIEL erhielten auch Schülerinnen und Schüler der Schule am Steeler Tor die Gelegenheit ein eigenes Kunstwerk unter professioneller Anleitung zu kreieren. 

Bild: Schule am Steeler Tor, Essen

Auch sie wählten Vincent van Gogh als Vorlage. Gemeinsam mit ihrer Kunst-Lehrerin Frau Daniela Holtmann sowie den beiden Essener Künstlern Cosima Eggert und Jan Schoch erarbeiteten sie zunächst die kunsthistorischen Grundlagen, übten die Maltechniken und kreierten schließlich ihre eigene van Gogh Interpretation auf einer Wand an der Innenseite der Schule. 

Impressionen aus der Entstehung des Kunstwerks

Bilder: Cosima Eggert, Jan Schoch und Daniela Holtmann

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